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Fotos Gebäude: Helga Eberle; Fotos Besichtigung: Monika Hatam; Text: Monika Hatam
Betriebsbesichtigung bei Amann Nähgarne Mai 2014
Seit über 150 Jahren drehen sich die Spulen in Göggingen
Für reges Interesse sorgte das Angebot des Gögginger Geschichtskreises zu einer Betriebsbesichtigung bei Amann Nähgarne.
Im Jahr 1855 wurde die Garnzwirnerei von Eusebius Schiffmacher in Augsburg gegründet, bereits sieben Jahre später entstanden in Göggingen großzügig angelegte Fabrikgebäude. Der Standort war ideal. Zum einen war genügend Platz vorhanden und zum anderen bestand durch die Singold die Möglichkeit der notwendigen Energiegewinnung mit Wasserkraft. Auch die Mitarbeiterzahl wuchs beständig und erreichte 1912 die Höchstzahl von fast 1500 Beschäftigten. Das Unternehmen war zu dieser Zeit bereits führend in Europa und exportierte nach Übersee.1957 schloss sich die Zwirnerei- und Nähfadenfabrik Göggingen (ZNFG) mit dem damaligen Wettbewerber Ackermann zusammen und firmierte anschließend unter Ackermann Göggingen AG. Vor zwanzig Jahren wurde sie von der Amann Gruppe (Bönnigheim) übernommen.
Betriebsleiter Wolfgang Haertl und seine Assistentin Katrin Anlauf begrüßten 28 Besucher am Fabrikgelände. In der halbstündigen Einführung erfuhren die Teilnehmer zuerst Hintergründe zu Amann & Söhne und dem Standort Göggingen. Aktuell arbeiten 232 Stammmitarbeiter und -mitarbeiterinnen in Augsburg-Göggingen. Rund 1500 Beschäftigte hat die Gruppe insgesamt. Produktionsstätten finden sich neben Augsburg auch in Großbritannien/Manchester, Rumänien, Tschechien, China und Bangladesh. Der Standort Göggingen ist ein wichtiges Standbein für die Amann Gruppe. Forschung und Entwicklung, die Steuerung von Qualitätsmanagement sowie die Qualitätssicherung und das Industrial Engineering finden hier statt.
Die Globalisierung hat vor allem in der Textilindustrie sehr früh ihre Spuren hinterlassen, mit gravierenden Auswirkungen auch in Augsburg. In den letzten Jahrzehnten führt der immer stärker werdende Trend zu Billigkleidung auch dazu, dass Nähfäden einem enormen Preisdruck unterliegen. Der Qualitätsanbieter Amann setzt deshalb auf die Zusammenarbeit mit Markenherstellern von Kleidung und Inneneinrichtung sowie die Spezialisierung auf Nähgarne für industrielle Textilien. Produziert wird für den Automobilbereich oder besondere technische Ausrüstungen wie Schutzkleidungen und Produkte aus der Chemie- und Elektroindustrie. Auch in der Sportbranche werden Materialien verwendet, deren Nähte extreme Belastungen aushalten müssen. In vielen Produkten stecken zudem Fäden und Garne, wo man sie zunächst nicht vermutet, zum Beispiel bei der Verstärkung von Schläuchen. Nur noch ungefähr fünf Prozent macht die Produktion für den klassischen Nähfaden für den Endverbraucher aus.
Nach den theoretischen Grundlagen konnten sich die Besucher anschließend ein Bild von der Produktion machen. Einige Teilnehmer, die früher hier gearbeitet haben, waren sichtlich bewegt, begrüßten ehemalige Kollegen in den Werkshallen und erzählten während der Führung die eine oder andere Geschichte. Start war das Tor für die Anlieferung der Garne und ein Gang durch die Zwirnerei. Zwei ältere Hallen, durch die die Besucher geführt wurden, sind gerade im Umbau. Härtl erklärt, dass die Erneuerung des Bodens wichtig ist, um den Belastungen der Maschinen, die dort wieder aufgestellt werden, standzuhalten. Im Färbereilabor, das im neueren Gebäudetrakt untergebracht ist, werden „Rezepte“ verglichen, neue Farben ausgerechnet, Reklamationen untersucht oder auch die Qualitätskontrolle durchgeführt. Ungefähr 2600 neue Farben werden im Jahr entwickelt. Imposant sind die großen Behälter, in denen die Garne auf den Spulen gefärbt und anschließend getrocknet werden. Zum Abschluss wurden beide Gruppen in das Untergeschoß geführt, das beim Pfingsthochwasser 1999 überflutet wurde. Dank des unermüdlichen Einsatzes der damaligen Belegschaft konnte die Produktion nach einer Woche wieder anlaufen. In vielen Reihen stehen dort heute Maschinen, an denen die Fäden auf die erforderlichen Längen gespult werden.
Härtl machte bei den noch offenen Fragen der Teilnehmer deutlich, wie hart der Markt umkämpft ist, und wie sich die Amann Gruppe für die Zukunft ausrichtet. Zuletzt lädt er den Gögginger Geschichtskreis ein, in zwei Jahren die Entwicklungen und Neuerungen wieder zu besichtigen